Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Gerd Linke bei der GR-Sitzung am 19.12.2019

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mößner, sehr geehrter Herr Beigeordneter Braulik, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Stadtrats-Kolleginnen und Stadtrats-Kollegen, sehr geehrte Zuhörerinnen, Zuhörer und Pressevertreterinnen.

Zuerst gilt unser Dank der Stadt-Verwaltung und hier Matthias Glassl, Susanne Beerkircher, Maximilian Buchholz und die weiteren Mitarbeiter/innen für die Aufstellung des Haushaltsplans 2020 mit dem Vorbericht und den Planzahlen. 

Herr Glassl hatte nicht viel Zeit, nach den Sommerferien in Murrhardt in der Kämmerei anzukommen, einen Jahresabschluss 2013 durchzuführen und gleich den Haushalt 2020 aufzustellen. Meine Anerkennung.

Und gleich musste die Haushaltsaufstellung mit der Reduzierung der FAG-Schlüsselzuweisung (im Jahr 2019 noch 9,4 Mio. €, in Jahr 2020 8,5 Mio. €) und auf der anderen Seite mit einer Erhöhung der FAG-Umlagen (2019 – 4,3 Mio. €, 2020 – 4,8 Mio. €), die die Stadt Murrhardt abzuführen hat, zurechtkommen, um den diesjährigen Spagat zu beschreiben. In einer solchen Situation hilft die Reduzierung der Kreisumlage von anfangs 32,3 auf nun 32,1 %. In absoluten Zahlen waren es 2019 6,6 Mio. € und werden es 2020 6,9 Mio. € sein. Das Resultat ist, dass aus der laufenden Verwaltungstätigkeit die regulären Kredittilgungen bedient werden und eine Nettoinvestitionsrate von 2.000 € bleibt. Der Werteverzehr 2020 kann im kommenden Jahr nicht ausgeglichen werden. Dies ist zwar fiktiv, doch um das Vermögen der Stadt zu erhalten, wäre der Betrag von zusätzlich 1,37 Mio. € nötig. Wir hoffen auf das Jahr 2021. 

Was ereignete sich im Jahr 2019?

Es waren Gemeinderatswahlen, Kreistags- und Regionalversammlungs- sowie EU-Wahlen. Der merkliche Rechtsruck in sämtlichen Gremien zeigte sich nicht im Murrhardter neugewählten Gemeinderat. Es sind wieder vier Fraktionen wie schon seit gefühlt 4 Jahrzehnten. Nun aber mit 4 Damen und vier neuen GR-Mitgliedern, davon drei Damen.

Und es war Bürgermeisterwahl. Herr Mößner warf seinen Hut schon beim Bürgerempfang am 25. Jan. 2019 in den Ring. Es trat zum Glück keine Juxkandidatin an, wie z. B. Fridi Miller in Aspach. Und keiner zweifelte das Ergebnis an wie z. B. in Freiburg im Breisgau, als Martin Horn zum OB gewählt wurde. 


Bei der BM-Wahl in Murrhardt wurde Herr Armin Mößner als BM deutlich mit 82,5 % der abgegebenen Stimmen bestätigt und konnte gleich ohne Unterbrechung weiterarbeiten.

Die Empfehlung der Allevo-Organisationsuntersuchung – räumliche Trennung und klare Aufgabenaufteilung wurde umgesetzt, und der kaufmännische Bereich der Stadtwerke mit Stadtwerkegeschäftsführer Rainer Braulik sind in das Stadtwerke-Verwaltungsgebäude umgezogen.

Das Baurechtsamt wurde in der zweiten Jahreshälfte mit Mitarbeiter*innen unter der Führung von Simone Sauer arbeitsfähig eingerichtet und übernimmt die baurechtlichen Aufgaben für Murrhardt vom Landratsamt.

Matthias Glassl folgt Markus Holub als Kämmerer nach und kann sich über zu wenig Arbeit nicht beschweren. Der vorgelegte Jahresabschluss 2013 lässt auf eine zügige Aufarbeitung der ausstehenden Jahresabschlüsse 2014 und jünger hoffen.

Der Blick zurück beginnt im Jahr 2018, mit dem trockenen Sommer, der sich im Jahr 2019 in Deutschland und auf uns heruntergebrochen im Schwäbisch-Fränkischen Wald mit einem eklatanten Baumsterben gezeigt hat. Die hohen Borkenkäferpopulationen fordern ebenso einen hohen Tribut. Die gewaltige Baumfäll-Aktionen lassen unsere Förster und Waldarbeiter nicht zur Ruhe kommen. Das war eine Zäsur für uns. Selbst bei uns in den gemäßigten Zonen in Mitteleuropa drohte das Wasser zu versiegen. 

Auch aus anderer Sicht bleibt uns das Jahr 2019 in Erinnerung.

Das Jahr, in dem Boris Johnson mit dem einfachen Slogan „get Brexit done“ die Parlamentswahlen in UK gewinnt. Ein Jahr, in dem sich Donald Trump weiter wie ein Elefant im Porzellanladen verhält, die große Nation USA spaltet und Werte wie Ehrlichkeit, Wahrheit, Fairness, Verlässlichkeit in Grund und Boden tritt. Es scheint so, als ob auch das Impeachment-Verfahren Donald Trump nicht stoppen kann.

Wir leben zwischen einem sich verschärfenden Spannungsfeld Ost gegen West, das wir 1989 mit dem Mauerfall zu überwinden geglaubt hatten. Kriege in der Ukraine, in Syrien, im Jemen sind Kriege und Stellvertreterkriege, um Vormachtstellungen der Hegemonialkräfte auszubauen. Die Lagerbildung verschärft sich spürbar. Nur mühselig werden aufgekündigte Gesprächskreise wiederbelebt, um der Diplomatie die Chance auf Verständigung zu geben. Zeichen wie der Gefangenenaustausch zwischen der Ukraine und Russland lassen hoffen.

Doch eines verbindet uns alle. Die Klimaveränderung. Die Demos „Friday for Future“, die anfänglich als Schulschänzer-Demos belächelt wurde, haben mit Greta Thunberg ein Gesicht bekommen, die beim Klimagipfel in Madrid den Hohen Politikern und Staatenlenkern ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Die Jugend fordert: verspielt nicht heute die Zukunft von morgen wegen Bequemlichkeit und Annehmlichkeiten. Wandel, Innovation, Anreize und etwas Verzicht – ein ständig sich ändernder Mix aus allem wird uns nun täglich begleiten, um diese Herausforderung zu bestehen. Auch unsere Entscheidungen in unserem Rat müssen dieser Prüfung „Klimaverträglichkeit“ standhalten.

Die Anträge der MDAL/Die Grünen tragen diesem Rechnung. Die Einführung des reCup-Systems (wiederverwendbare Kaffeebecher ersetzen Einweg-Becher) benötigt eine Anschubfinanzierung durch unsere Stadt und Stadtverwaltung, um unsere Bäckereien mit Kaffee-to-go-Angeboten vom reCup-system zu überzeugen, damit das Abfallvolumen durch Einweg-Becher zurückgeht, und ein Verhaltenswandel der Kaffee-to-go-Trinker einsetzt. Der Antrag zur Einführung des elektronischen Ratssystems, wo Dateien von der Stadtverwaltung an uns Räte gesendet werden. Das Ablagesystem bei jedem einzelnen von uns wird damit digitaler und papierloser. Und wer das Papier benötig, druckt die entsprechenden Seiten aus. Der Antrag PV-Pflicht für Neubauten legt die MDAL/Die Grünen dem Bürgermeister Mößner in die Hände eine Woche vor der Pressemeldung der Südwest-CDU zur Forderung nach einer PV-Pflicht. Die Sonne stellt keine Rechnung für die Stromerzeugung aus. Und bei der Stromerzeugung mit Sonne und PV-Anlage entstehen im Betrieb keine Emissionen und keine Luftschadstoffe. Und dank des hohen Strompreises in Deutschland ist eine Amortisation in weniger als 15 Jahren durch die Minderung des eigenen Strombezugs möglich.

Der Antrag auf „Schaffung von Wohnraum für Menschen in prekären Lebenssituationen“ zeigt, dass solche Projekte von uns Stadträten*innen viel Geduld erfordern, da es vom Bebauungsplan bis zum Baugesuch ein weiter Weg ist. Das erstere ist genehmigt. Das zweite, das Baugesuch, ist noch nicht fertig geplant. Wir hoffen auf ein baldiges Vorlegen der Pläne, damit der Arbeitskreis „Siebenkniestraße“ zur Finalisierung der Baupläne zusammenkommen kann.

Was haben wir uns für 2020 vorgenommen?

Viele alte Themen stehen wieder auf der Liste, die 2020 begonnen werden sollen. Wie z. B. der Hochwasserschutz mit dem Hochwasserrückhaltebecken Gaab, das RÜB 24 mit dem Vorflutsicherungspumpwerk Wiesenstraße. Aber auch die Baugenehmigung für die Walterichsturnhalle sollen endlich auf dem Weg gebracht werden. Aber zuerst gilt es den Förderbescheid zu erhalten. Hier hängt es seit Jahren z. B. beim RÜB24 Wiesenstraße und Vorflut-Pumpwerk, dessen Planung Mitte 2015 erstellt wurde und kein Glück bei der Bezuschussung und damit Umsetzung hat.

Erfreulich dagegen ist das Werden des Klosterhof-Kindergartens unter der Führung der evangelischen Kirchengemeinde. Die Kirchengemeinde arbeitet ihre drei Baustellen kontinuierlich ab – die Orgel erklingt und schmückt auch das Innere der Stadtkirche. Der Kindergarten steht im Rohbau und es beginnt der Innenausbau. Das Dach der Stadtkirche wird repariert. Wir wünschen weiterhin einen guten Verlauf und ein erfolgreiches Fertigstellen.

Umgesetzt wurde und wird die Fortsetzung der Sanierung der Walterichschule mit Herzog-Christoph-Schule. Es kommt die Neugestaltung der Schulmensa und der Küche in der Stadthalle. Wir hoffen auf eine Aufwertung des zentralen Schulstandorts, der sich in den Anmeldezahlen der Schülerinnen und Schülern wiederspiegelt.

Durchgestartet wird bei der Sanierung des HvZ-Gymnasiums. Den Anfang bildete der Austausch der alten Fenster. Es folgten die Behebung der Betonschäden und die Neugestaltung des Chemievorbereitungsraums. Im Jahr 2020 geht es weiter mit den Fassaden- und Flachdachsanierungen. Die Schulen nehmen in der Liste der Investitionen weiterhin viel Raum ein. Raum, dies ist ein Stichwort für die Hörschbachschule. Die Schule benötigt zusätzliche Räume. Doch das zu einem nachfolgenden Haushalt. 

Dass diese vielen Maßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden und werden, liegt am Team um den Stadtbaumeister Lars Kaltenleitner und Harald Britsch. An Sie und ihre Mitarbeiter vielen Dank für die bisherige und die zukünftige Arbeit.

Eine weitere Meldung aus dem Schulbereich: die Hörschbachschule ist Referenzschule des Landesmedienzentrums. Doch es tut sich wenig. Die Installation der Hardware und die Implementierung der Software muss in die richtigen Hände gelegt werden, damit es gelingt. Ansonsten werden unsere Lehrkräfte verschlissen.

2020 soll die personelle Ausstattung der Schulsozialarbeit deutlich erhöht werden, um frühzeitig betroffenen Schülerinnen und Schülern zu helfen. Wir begrüßen dies und hoffen auf ein gutes Bewerberfeld, damit das bestehende Team optimal verstärkt wird.

Kurzer Schwenk – das CSU- Ressort Verkehr ist der Bereich, der in den letzten Jahren keine Einsparung bei den CO2-Emissionen erreichte, sondern eine Steigerung. Mobilität muss neu gedacht werden, mit weniger Rohstoffverbrauch, mit geringeren Emissionen und mehr ÖPNV. Weiterhin genügend und geschützter Raum für schwache Teilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer. Durchgängige Radwege entlang des Tals sind in Absprache mit unseren Nachbargemeinden zu planen und umzusetzen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen gern Fahrrad fahren. Und wir müssen es ihnen mit guten Radwegen leichtmachen.

Die Breitbandverlegung geht im Jahr 2020 hoffentlich in die finalen Planungen für unsere Kommunen Althütte, Großerlach, Murrhardt und Sulzbach an der Murr mit baldigem Beginn der Glasfaserverlegung. Die neue Digitale Kommunikation muss den Ansprüchen an eine moderne Arbeitswelt genügen und den Wandel in unserer Freizeitgestaltung und Kommunikationsweise ermöglicht. Deshalb heißt die Antwort, in jedes Haus Glasfaserkabel zu legen und nutzen zu können. 

Wir hoffen, dass wir im Herbst 2020 für den Haushalt 2021 mehr Zeit für die Haushalts-Beratung finden. Wir wissen um den Wechsel in der Kämmerei und dem Druck auf der Erstellung der Jahresabschlüsse 2013 und den Folgejahren. 

Unser Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, den Stadtwerken und dem Zweckverband, sowie allen Erzieherinnen, Sozialarbeitenden und Lehrkräften in Kindergärten und Schulen.

Die Fraktion der MDAL / Die Grünen stimmt dem HH-Plan 2019