Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mößner, sehr geehrter Herr Braulik, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren,
„Errare humanum est“ oder aber auch „Irren ist menschlich“.
Dass der HH-Plan für das Jahr 2012 in dieser Form erst heute vorliegt, zeigt ganz deutlich, wie schnell man sich irren kann. Die Umstellung auf ein neues HH – Recht und in die Kommunale Doppik ist einfach unterschätzt worden. Ob sich dieser ganze Aufwand irgendwann mal lohnend auf den HH der Stadt Murrhardt auswirkt und zur Entscheidungshilfe für den Gemeinderat wird, lass ich mal offen.
Abschreibungen auf Straßen und Gebäude sind mir nicht erklärbar. Eine Kommune hat nicht wie ein Industriebetrieb Einnahmen aus einem Verkauf von Produkten, in denen in den Kalkulationen neben den Herstellungskosten und einem Gewinn auch Abschreibungen berücksichtigt werden. Eine Refinanzierung von Verbräuchen in der Kommune geht nach meinem Verständnis nur über Steuereinnahmen. Ich hoffe nicht, dass die neue Kommunale Doppik eine Rechtfertigung zu Steuererhöhungen oder zum Streichkonzert bisheriger kommunaler Einrichtungen wird. Aus Sicht der MD/AL wird es sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, um eventuelle Vorteile des neuen Rechnungswesens zu erkennen.
Nachdenklich macht uns allerdings, dass sich bislang außer dem Landkreis keine Kommune im Umkreis für die Einführung der Doppik entschieden hat. Selbst das Land BW ist trotz eigener Vorgabe, bis 2016 eine Umstellung auf die Doppik vornehmen zu müssen, noch nicht auf dem Weg. Hier gilt wohl immer noch der Begriff der Wahlfreiheit.
Begleitende Umstände, wie das Rechnungs- und Kassenwesen wegen neuer Software auch bei den Stadtwerken umzustellen und die Erfassung und Einführung der neuen Abrechnung für die gesplittete Abwassergebühr machten die Umstellung nicht einfacher.
Da der GR aber einer Umstellung auf die Kommunale Doppik auf Wunsch der Verwaltung zugestimmt hat, müssen wir mit der Kommunalen Doppik in Zukunft auch leben. Aber eins muss klar sein, einen Beschluss der HH-Satzung wie heute wird es in Zukunft nicht mehr geben. Wir sind kein Abnickorgan, sondern nach §24 der GemO das Hauptorgan der Gemeinde und erwarten unter anderem eine vernünftige Vorlage des HH. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Entscheidungen im Gremium.
Trotz aller Kritik gilt unser Dank all den Damen und Herren, die in den letzten Wochen und Monaten alles versucht haben um einen vernünftigen HH aufzustellen. Dies gilt sicher im besonderen Maße den Herren Braulik und Teich, aber auch den vielen anderen Mitarbeitern im Hintergrund.
Nun zum HH selber.
Der Finanzhaushalt ist mit 26.755.800.- € ausgeglichen, eine Zuführungsrate zum Finanzhaushalt in Höhe von 718.543.- € ist möglich. Eine Schuldenaufnahme ist nicht vorgesehen. Eine Entnahme aus Rücklagen in Höhe von rd.870.000.- € ist nötig.
Wieder haben wir einen HH , der keine großen Sprünge zulässt. Vieles muss geschoben werden, Neues ist nicht möglich. Nur das wirklich Notwendige kann erledigt werden. Selbst an eine dringende Sanierung der Schulturnhalle der Walterichschule oder des Atriums ist in den nächsten Jahren nicht zu denken, was aber im Hinblick auf den Schulstandort Murrhardt ganz wichtig wäre. Die letzten Steuerschätzungen lassen für die nächsten Jahre ein klein wenig hoffen. Ob hiervon allerdings ausreichend Gelder in die Kommunen fließen, ist heute nicht absehbar.
Lassen Sie mich nun aber zu einigen aus Sicht der MD/AL wichtigen Vorhaben Stellung nehmen.
1.) Das Hochwasser-Schutzkonzept
Machen Sie, Herr Bürgermeister Mößner, weiter an den Planungen vor allem zu den Rückhaltebecken Mahd und Gaab. Bleiben Sie mit den Landwirten im Gespräch. Wie sich ja bereits gezeigt hat, nur über diese Art der Bürgerbeteiligung ist es möglich, Anregungen, Ideen und Änderungsvorschläge mit zu berücksichtigen und zu überdenken. Und vergessen Sie bei all den Planungen nicht die Weststadt. Der Hochwasserschutz wird uns die nächsten Jahre noch stark beschäftigen und uns die höchsten Ausgaben mit ca. 3,4 Mio € netto abverlangen. Wir von der MD/AL sehen trotz schwieriger Haushaltslage keine Alternative zum Hochwasserschutzkonzept der Stadt und des Wasserverbandes Murrtal, um die Bürger und ihr Hab und Gut vor den Folgen von Stark- und Dauerregen zu schützen.
2. ) Konzessionsvergabe
Ein Thema, das wir schon immer als ein Top-Thema angesehen haben.
Es laufen seit Monaten Verhandlungen mit verschiedensten Stromanbietern und noch nichts ist entschieden. Eine nächste Entscheidungsrunde steht bevor. Wenn das weiter so schleppend vorwärts geht, haben wir von der MD/AL die große Befürchtung, dass es auf einmal Ende 2012 ist und dann ganz schnell entschieden werden muss. Und das könnte dann bedeuten, dass sich nichts ändern kann, da auf die Schnelle kein anderer Anbieter das techn. Know-How hat um noch kurzfristig einsteigen zu können. Hier muss es ganz schnell zu einer Entscheidung kommen. Geben Sie, Herr BM Mößner, schnellstens alle notwendigen Informationen und Entscheidungshilfen in den Gemeinderat, damit dann für Murrhardt richtig und frühzeitig entschieden werden kann. Es muss im Geschäft mit der Energie dringend ein Umdenken stattfinden, die Verträge müssen geändert werden, es muss anderes laufen als in den letzten 20 Jahren.
Im Rahmen von „Murrhardt regenerativ“ ist es aus unserer Sicht auch ganz wichtig, sich intensiv mit dem Gedanken der örtlichen Stromnetzübernahme zu beschäftigen.
Mit wem auch immer das gelingen mag, starke Stadtwerke sind ein Gewinn für die Stadt und Ihre Bürgerinnen und Bürger. Gas, Wasser, Fernwärme, Strom, evtl. auch Abwasser und Breitband, alles aus einer Hand, muss keine Vision bleiben. Eine Wertschöpfung und Einflussnahme vor Ort vor allem auch im Hinblick auf Ökologie und Ökonomie muss das Ziel sein.
3. ) der Ausbau der Kinderbetreuung
Zum weiteren Ausbau der Kinderbetreuung sind uns die Zahlen des Gutachtens der GT-Service noch in bester Erinnerung. In Zusammenarbeit mit den freien Trägern ist die Stadt Murrhardt auf dem richtigen Weg weitere Betreuungsplätze zu schaffen. Investitionen hierfür sind in allen Bereichen für Ausstattung und Personal auch in den nächsten Jahren notwendig. Leider gilt hier der Satz, wer bestellt, muss auch zahlen, nicht, denn sonst müssten der Bund und das Land die Kosten des Ausbaus übernehmen. Aus Sicht der MD/AL ist es dennoch eine Investition in die Zukunft der Stadt Murrhardt und seiner jungen Bewohner. Ihnen, Herr Kircher, und Ihrem ganzen Team herzlichen Dank für Ihren Einsatz im Ausbau der Kinderbetreuung.
4.) die baulichen Unterhaltungsmaßnahmen Walterichschule und die Sanierung der Sporthalle beim Gymnasium
Eine grundsätzliche Sanierung der Walterichschule und der Sporthalle ist dringend erforderlich. Auch wenn, wie bereits einleitend erwähnt, momentan keine Gelder zur Verfügung stehen, bleiben wir an diesem Thema dran. Wir werden dieses Ziel hartnäckig weiter verfolgen und geben die Hoffnung auf eine mittelfristige Lösung nicht auf. Für die Sanierungsmaßnahme „Sporthalle beim Gymnasium“ sind in diesem HH Mittel in Höhe von 1,1 Mio.€ eingestellt.
5.) Das Fachmarktcenter
Nachdem das Ärztehaus im letzten Jahr eröffnet wurde, hier geht noch einmal unser Dank an den Investor Herrn Wahl, und an alle Ärzte und Dienstleister, die sich im Ärztehaus niedergelassen haben, steht jetzt der Bau des Activ-Centers auf dem Schweizerareal im Fokus der Stadtentwicklung. Der Gemeinderat hat dem Projekt zugestimmt. Eine machbare Lösung der Anbindung an die Innenstadt ist gefunden. Jetzt gilt es doch eigentlich, zügig mit dem Bau zu beginnen. Wir wundern uns allerdings, dass hier noch keine Bautätigkeiten zu erkennen sind. Herr Bürgermeister, woran liegt es, dass es hier nicht weitergeht? Geben Sie uns bitte zeitnah Informationen über den Planungsstand.
6.) Die Trailhofstrasse
Nach Verabschiedung des HH heute Abend gehen wir davon aus, dass das Trailhofsträssle zügig ausgebaut wird und dem Verkehr wieder übergeben wird. Hier sind 250.000.- € im HH eingestellt. Die Bürgerinnen und Bürger von Siebenknie werden es dankend zur Kenntnis nehmen.
7.) Ortsentwicklungsprozess Kirchenkirnberg
Positiv nehmen wir zur Kenntnis, dass in Kirchenkirnberg ein Ortsentwicklungsprozess
in Gang gesetzt wurde, bei dem aus der Bevölkerung der Wunsch nach Veränderung und Gestaltung des Ortes kam. Nicht warten bis einer kommt, sondern selber aktiv werden. Dieses Bürgerschaftliche Engagement von Jung und Alt ist nicht hoch genug zu werten und deshalb gilt unser Dank allen Beteiligten an den jetzt begonnen Projekten. Vielleicht kann sich in Fornsbach hinsichtlich des bevorstehenden Jubiläums ähnliches entwickeln. Wir würden uns freuen.
Zum Schluss gilt unser besonderer Dank gerade auch im Hinblick auf die Finanzsituation allen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger der Stadt Murrhardt, ob im Bürgerschaftlichen Engagement, in den Kirchen oder aber in den Vereinen. Ohne diese Menschen wäre vieles in Murrhardt nicht mehr oder nur beschränkt möglich. An Neues wäre nicht zu denken. Unserer Stadt würde vieles an Lebensqualität und Vielfältigkeit verloren gehen.
Wir von der MD/AL-Fraktion haben die Widrigkeiten bei der HH-Erstellung wohl gesehen und werden deshalb dem Haushalt 2012 in Anbetracht eines drohenden Verlustes von Fördergeldern aus dem Ausgleichsstock mit etwas Zähneknirschen zustimmen.
Ludwig Franke
Fraktionsvorsitzender